Tag: Israel

  • Sprechen Sie hebräisch?

    Bereits an der Grenze haben mich Soldaten darauf aufmerksam gemacht, dass ich einen jüdischen Namen habe. Ganz ehrlich, das ist mir nie in den Sinn gekommen, obwohl es ja auf der Hand liegt. Das musste erst einmal sickern. Als ich dann in Tel Aviv war, wurde ich ständig auf der Straße hebräisch angesprochen. Ich dachte, das wäre normal, bis mich jemand darauf aufmerksam gemacht hat, dass ich jüdisch aussehe. Nun gut, das war dann doch eher neu für mich. Als ich es meiner Landlady in Amman später erzählt habe, gestand sie mir, dass sie sich das auch gedacht und sich Sorgen gemacht hatte, da sie in diesem Fall als NGO arabische Unterstützung verlieren könnte.

    Vom Mittelmeer zum Roten Meer durch die Wüste

    Tel Aviv und Jaffa sind so etwas wie twinCities, sie liegen direkt nebeneinander. Die eine jung, modern, dynamisch, sprühend mit Kunst und new business, die andere welkt in ihrer alten arabischen Schönheit dahin und bildet mehr die malerische Kulisse vor dem Meereshorizont.

    Auf meinem Weg von Jaffa über die Negev Wüste nach Eilat war ich mit dem Zug und Bussen unterwegs. Die meiste Zeit war ich die einzige zivile Reisende und sonst umgeben von jugendlichen SoldatInnen mit Gewehren am Schoß und einer eigenartig geladenen Stimmung an Board. Zum Glück gibt es Mobiltelefone, sonst hätte mich die Sprachlosigkeit dieser jungen schwer bewaffneten fadisierten Menschen noch nervöser gemacht. Drei Jahre mit Rüstzeug in der Wüste herum zulaufen ist sicher nicht lustig. Von Mitzpe Ramon, auf der Spitze eines beeindruckenden Wüstenkraters nach Eilat gibt es nur einen öffentlichen Bus, in den ich im Nirgendwo ziemlich naiv eingestiegen bin, um mich am Boden sitzend zwischen SoldatInnen wieder zu finden, die in neun unterschiedliche Militärcamps am Weg gebracht wurden. Die Vorstellung, für eine Jüdin gehalten zu werden fand ich in diesem Moment übrigens unglaublich entspannend, vor allem als ich beim Panzer Camp 20 Minuten auf den nächsten Shuttle warten musste.

     

    Nach diesem Trip war ich so erleichtert, wieder über die jordanische Grenze zu dürfen, dass ich dem ersten Soldaten fast um den Hals gefallen wäre. Vor allem nachdem er erfahren hat, dass ich in Jordanien arabisch studiere und daraufhin die Grenzsoldaten aus dem Büro zusammengelaufen sind, um mich herzlich willkommen zu heißen: Ahlan wa sahlan! war ich echt gerührt und bin erhobenen Hauptes auf die wartenden Taxifahrer zugesteuert, um die Verhandlung zu eröffnen.

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  • Flucht nach Israel

    In Bethlehem dominieren neben der acht Meter hohen Mauer, die mitten durch die Stadt schneidet die religiösen Stätten eingehüllt in eine befremdliche touristische Nebelwand. Busweise werden Menschen herangekarrt, auf der Suche nach biblischen Schau-Plätzen und christlichen Ursprüngen. Es herrscht eine Energie, die mich in einen latent nervösen Zustand versetzt hat und ich kämpfte permanent gegen mein Bedürfnis, mich den Gewaltphantasien nicht auszusetzen und zu fliehen. Bethlehem ist aufgrund der Mauer mit den Wachtürmen so extrem, dass ich die ganze Zeit das Gefühl nicht los wurde, Statistin in einem der alten Nazi Filme zu sein.

    Der immanent spürbare religiöse Fanatismus von Christen, orthodoxen Juden und Muslimen machte auch Jerusalem für mich zu einer Stadt, in der mir ständig übel war. Abgesehen davon, dass an jeder Ecke ein Maschinengewehr mit jugendlicher/m SoldatIn steht. Ich habe die Al-Quds University in Ostjerusalem kennengelernt, die direkt an der Mauer liegt. Der Plan der Israelis war, die Mauer durch die Universität zu ziehen und sie damit tot zu machen. Glücklicherweise hatte die Uni damals einen kampfstarken Philosophen als Rektor und mit Barack Obamas Hilfe, der während seines Ph.D. Studiums dort war, konnte der Plan abgewendet werden. Die Mauer verläuft jetzt genau rund herum, und man kann nicht an die Uni ohne einen Checkpoint zu passieren. Ein Freund von Mohammad hat mir auch die Uni in Bethlehem gezeigt, dort ist die Situation ein wenig entspannter, weil der Vatikan involviert ist. Ich hatte kurz überlegt, an einer der Unis mein Sprachenlernen fortzusetzen, aber trotz der wunderbaren Menschen, die ich dort kennen lernte, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, mich dieser repressiven Situation auf Dauer auszusetzen. Mein Ausflug zu den schönen Märkten und den grünen Randbezirken Jerusalems hat an diesem Gefühl wenig geändert.

    Nach all diesen Erfahrungen habe ich mich entschieden durch Israel zu fahren, da es mir immer schwerer gefallen ist, den Rassismus – und etwas Anderes ist es nicht in meinen Augen – zu verstehen und diesen nicht auf die Menschen zu übertragen. Ich muss ehrlich sagen, dass es mich körperliche Anstrengungen gekostet hat, mich in den Bus nach Tel Aviv zu setzen. Ich bin aber sehr froh darüber, den Schritt gemacht zu haben, denn Tel Aviv ist eine völlig andere Welt mit coolen Typen, Beach, New Business, Bauhaus, e-bike und e-board FahrerInnen – eine heilsame Gegenwelt zu Jerusalem. Ich war zunächst einmal völlig überfordert, habe zum ersten Mal seit drei Monaten ein kurzärmeliges Shirt angezogen und schöne Menschen dabei beobachtet, wie sie ihre Rassehunde am trendigen Boulevard Gassi geführt haben. Ich habe einige interessante Menschen kennen gelernt und konnte ein differenziertes Bild für mich entwickeln. Dazu gehörte auch ein Druse im Wüstencamp der Negev, der arabischer Herkunft ist aber mit einer Jüdin zusammenlebt, obwohl das gegen alle Anstandsregeln in seinem Heimatdorf verstößt. Nicht so sehr, weil sie Jüdin ist, sondern wegen dem vorehelichen Sex. Alles scheint hier so komplex und historisch verstrickt, dass ich mich immer wieder gefragt habe, was hier ein normales Leben sein kann.

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  • Voices: Muezzin in Jerusalem

    Da waren wir dann doch überrascht. Klar erhob sich die Stimme des Muezzin über Jerusalems Altstadt. Auf so engem Raum wird allen Religionen gehuldigt, innerhalb der alten Stadtmauern haben noch alle eine Stimme.

    Zum Weiterlesen: Grenzübertritt Palästina – Ramadan in der West Bank

    Zum Weiterhören: Muezzin in Amman