Schlagwort: Kunst/Kultur

  • Salome tanzt

    Jordanien: Zwischen Madaba und dem Toten Meer liegt mitten in den karstigen Hügelketten das Dorf Mkawir. Von dort führt eine römische Straße hinauf auf einen Kegel, auf dem sich die traurigen Ruinen des Palastes Machaerus, im wesentlichen in Form einer einzelnen aufrechten Säule und Mauerresten, befinden. Dieser Palast gehörte Herodes dem Großen König von Judea, und nach der Überlieferung tanzte Salome in diesem Palast für ihn, um ihr Opfer, Johannes den Täufer, einzufordern. Dieser Platz ist nichts, zeigt und hat nichts, und doch fühlt er sich für mich magisch an. Dort, und nur dort mit dem Blick auf die Hänge des Toten Meeres, würde ich ventilieren für einen großen König zu tanzen.

  • Der Sheikh

    drawing with pencil showing houses in al-Salt

    Ich bin mit meiner Freundin Anne nach al-Salt gefahren, einer alten schönen arabischen Kleinstadt nahe Amman. Al-Salt liegt auf den Hängen zwischen zwei Bergen und auf einer dieser Erhöhungen thront eine alte Burg. Diese wollten wir natürlich besichtigen und wir sind bei 40 Grad mittags die Stufen hinaufgestiegen. Nach einiger Zeit sind diese Stufen im Leeren gelandet, weshalb Anne Zweifel hatte, ob wir wohl am richtigen Berg wären. Da ich bereits am Ende meiner Kräfte war und keinesfalls zurückwollte, um drüben wieder hinaufzuklettern, habe ich mit allem Gewicht, das ich zur Verfügung hatte behauptet, wir seien schon richtig und bin zur Unterstreichung meiner Gewissheit in einen Privatgarten gesprungen, an dessen Mauer die Stufen endeten.

    Wir konnten unentdeckt hinaus huschen, auf der Straße hat uns dann ein Herr angesprochen und er meinte, wir wären quasi am Privatberg des Sheikhs und alle Häuser gehören zur Familie. Mit fehlenden Erklärungen, wie wir da hingekommen wären, habe ich mich auf Lächeln verlegt. Da wir uns in einem arabischen Land befinden, sind wir natürlich nicht verjagt worden, sondern bei einem Cafe im Haus des Sheikhs gelandet. Dieser ist bereits in den 70ern und strahlte richtige Autorität aus, er ist ein Freund des Königs und gehört einer der größten Familien in der arabischen Welt an. Dann kam noch der Sohn und Nachfolger und hat uns das älteste Haus der Familie mit einer unglaublichen Terrasse gezeigt, es gab Früchte, Datteln, Kaffee, Tee und nach einer Stunde hat uns der Driver zurück in die Stadt gebracht. Diese business card habe ich aufgehoben.

    Szenen aus al-Salt. Bilder und Skizzen von der Malerin Renate Teuchmann

  • Aufbruch 2015 – Aufgabe und Weichenstellung

    Story without Glory

    Wie kommt man auf die Idee, einen interessanten Job, gut bezahlt mit ansprechender Position, aufzugeben? Ist es eine Frage von Mut? Nicht für diejenigen, die eine Alternative im Kopf haben oder gelernt haben, los zu lassen. Das Neue und vor allem das Unbekannte machen Angst. Wir wollen an dem festhalten, was wir uns erarbeitet und erwirtschaftet haben, wir wissen, womit wir kalkulieren können, und wollen keinen Schritt zurückgehen. Es soll immer nach vorne, nach oben gehen. Aber Wachstum passiert nicht linear. Innehalten ist vielleicht kein Schritt nach vorne, aber die Voraussetzung dafür, dass es keinen Stillstand gibt. Manchmal hilft ein Zustand des Befreit-Seins oder des Nichts, um neue Wege zu eröffnen. Partner und Kinder werden oft vorgeschoben, um genau das nicht zu tun. Rücksichtnahme ist oft eine Ausrede, um selbst nicht aktiv werden zu müssen, so, wie wir ständig andere für unser eigenes Glück verantwortlich machen.

    Die gute Position ist als solche bewertet, weil sie mit Ansehen, Geld und Macht versehen ist. Alles, was dazu gehört, um in unserer Gesellschaft als erfolgreich zu gelten. Der Jobtitel reicht. Dazu muss man gar nichts mehr hinzufügen. Keine dummen Fragen, weil er/sie ist Unternehmer/in oder Manager/in und hat eine verantwortungsvolle Position. Wie gehen aber Manager und Unternehmerin damit um, wächst er/sie noch? Wie sieht das das Team? Man kann es nicht alleine lassen, andere nicht hängen lassen. Bin ich so einmalig, dass die anderen nicht übernehmen könnten? Festhalten engt ein, die Sicht, die Kompetenz, die Wachstumsmöglichkeiten, die noch nicht da, aber schon in Reichweite sind. Und vor allem die eigene Überhöhung, zurück zur Angst, sich neu beweisen zu müssen, sich nicht ausruhen können auf Bewährtem, bereits erobertem Terrain.

    Und dann sind wir enttäuscht, dass so viel brach liegen geblieben ist, wir unser Potenzial nicht ausschöpfen konnten. Wir immer einfach weitergelaufen sind, ohne uns umzudrehen oder kurz stehen zu bleiben, um zu entdecken, dass wir in die falsche Richtung laufen oder gar nicht mehr orientiert sind, wo wir eigentlich sind, und ob um uns herum noch andere sind, die uns dabei begleiten oder ob wir völlig alleine sind und die anderen hinter uns gelassen haben, ohne es zu bemerken. Wie in allen Beziehungen geht es auch bei der Arbeitsbeziehung um eine Verortung, die Überprüfung des eigenen Beitrags und des Vermögens, Gutes rund um uns zu stiften. Zweifel sind gesund, sie gehören dazu, sind kein alleiniges Indiz „zu lassen“. Oft muss man durch schwierige Phasen durchgehen, sie bestehen, um persönlich oder gemeinsam zu wachsen. Aber es gibt Punkte die Endpunkte darstellen. Für diese Erkenntnis braucht es nicht unbedingt Mut, aber Offenheit und das Befreit-Sein von Ängsten. Der Mut zeigt sich schon in einer Aktivität. Wir handeln, weil wir entschieden haben.

    Allein das Aufgeben ist es wert. Eine heilsame Erfahrung. Klärend und befreiend; vor allem, wenn man die Freiheit hat, den richtigen Zeitpunkt zu wählen, umsichtig die Weichen zu stellen. Dann, wenn es am schönsten ist. Das heißt nach drei Bissen Schokolade, die am Gaumen zergehen und gerade ihren feinen Geschmack entfalten, das Papier zusammenzufalten und die Schokolade zurückzulegen. Von dort, wo wir sie hergenommen haben. Mit gutem Gefühl. Eine Sache der Willenskraft, der Achtsamkeit und des Trainings. Denn wer außer uns definiert, wie viele Bissen es sein sollen?

    …Reichthum und Schnelligkeit ist was die Welt bewundert und wornach jeder strebt;
    Eisenbahnen, Schnellposten, Dampfschiffe und alle mögliche Facilitäten der Communication
    sind es worauf die gebildete Welt ausgeht,
    sich zu überbieten, zu überbilden und
    dadurch in der Mittelmäßigkeit zu verharren.

    Goethe an Carl Friedrich Zelter
    6. Juni 1825

    Goethe war bekanntlich ein Bewunderer der arabischen und der persischen Kultur und er setzte sich mit dem Islam in positiver Weise auseinander. Goethe suchte die Sprache zu erlernen, wie es die Forscherin Katharina Mommsen höflich ausdrückte, und er beschäftigte sich mit Arabistik. Speziell in seinem Werk West-östlicher Diwan nimmt er dichterisch direkten Bezug. Aber auch Wilhelm Meisters Wanderjahre sind nach eigenen Angaben von Sheherazade in 1001 Nacht beeinflußt. Katharina Mommsen über Goethe und die arabische Welt im Insel Verlag, Frankfurt 1988